Lieber Reiner,
das bin ich doch gewöhnt von dir - großfreiraumeinnehmend wie du bist
(im positivsten aller Sinne natürlich) und auf heimatlichem Boden sei dir
sowieso alles gestattet.
So auch die Blumenzwiebelbestattung mit hoffentlich erfolgreicher
Auferstehung - man darf ja noch auf das eine oder andere, trotz seiner
Alltäglichkeit nicht minder erstaunende, Wunder hoffen in diesen Tagen.
Die Blumenzwiebeln, die in unserem bescheidenen Fensterbankgarten
momentan residieren, stoßen bei uns leider auf gemischte Gefühle.
Keine optischen Mängel wären zu beklagen bei der Pracht der Hyazinthenblüte,
doch die olfaktorische Komponente der Blühpflanze hat sich als, in ihrer
Intensität, etwas gewöhnungsbedürftig herausgestellt. Daraus ergab sich
eine temporäre Verbannung der geschenkten (!) Pflanze (meine Holde hat
natürlich bereits Mutmaßungen über eine absichtlich gelegte "Stinkbombe"
in Pflanzenform angestellt - eine Hypothese, die ich zwar hauptsächlich als
Produkt der allgegenwärtigen Terrorangst ansehe, welche ich aber zumindest
in der Hinsicht zu unterstützen bereit bin, als ich meinen Schwestern, und
insbesondere meiner nächst-ältesten, so gut wie alles zutraue) auf die
Außenseite der Fensterbank, was sich als für alle Beteiligten beste Lösung
herausgestellt hat, haben nun doch sowohl die vom starken Duft allseits angelockten
Insekten einen besseren Zugang zu Nektar und Ambrosia (oder Blütenpollen),
als auch wir wieder einen besseren Zugang zu unserer Wohnung, die zeitweise
vom raumeinnehmenden Hyazinthengeruch so belagert war, dass ein längerer
Aufenthalt in den Wohnräumen nicht ohne schwere Narkotisierungserscheinungen
möglich war.
Ich hoffe, ihr seid von derartigen Erscheinungen (zumindest unfreiwilligen)
verschont geblieben. Auch hoffe ich, dass sich dein gesundheitlicher Zustand
wieder gebessert hat, lieber Reiner. Achja, und weil ich schon bei den guten
Wünschen bin, möchte ich etwas verspätet auch deinem Bruder und dem zu ihm
gehörenden Schlüsselbein, gute Besserung wünschen - alles ganz im Sinne
des Austropopers Wolfgang Ambros (aber ohne Bekenntnis zu dessen Musik):
"langsam wochs ma z'samm".
Eine Musik zu der ich mich aber gerne bekenne, ist die der verlinkten Frau
am Klavier - wirklich ein Ohrenschmaus, den ich gerne weiterverbreite.
Dankesschreiben aber bitte nicht an mich, sondern direkt an Frau Spektor.
Neugierig hast du mich gemacht wegen der Festivitäten, die euch in alle Winkel
des Landes führen sollen. Das klingt ja schon fast ein bisschen nach
Wanderzirkus.
Auf jeden Fall klingt es nach vielen "Dienstwegen", die sich
hoffentlich als angenehmer herausstellen werden, als der Name zu vermuten
lassen würde.
Bezüglich der Adresswahl diverser Universitätsinstitute kann mich übrigens nichts
mehr schockieren. Unser kleines Komparatistik Institut wird auch demnächst übersiedeln
und zwar in die schon mal Erwähnung gefunden habende, dubiose Sensengasse.
Was den StudentInnen damit suggeriert werden soll, möchte ich lieber nicht genauer
zu ergründen versuchen, ich hoffe jedoch sehr, dass uns dieser Weg nicht direkt in die
Gerichtsmedizin führen wird.
Mit diesem schönen Satz möchte ich jetzt auch schließen und freue mich noch ein wenig
an der, der Zeitumstellung zu verdankenden, Abendsonne (auch wenn ich vermutlich wieder
mindestens ein halbes Jahr brauchen werde, um den Verlust der Schlaf(!)-Stunde zu verkraften.)!
Euch wünsche ich auch noch einen wunderschönen Abend und eine ebensolche Karwoche!
Liebe Grüße,
Karin